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Die Staatennachfolge der Sowjetunion im Hinblick auf die Russländische Föderation

Zwischen Kontinuität und Diskontinuität

  • I. Übersicht
  • II. Problematisierung
  • Begriffsdefinition
  • Verlauf der Ereignisse
  • Dismembration oder Sezession?
  • Russlands Selbsverständnis
  • Die Staatensukzession völkerrechtlich betrachtet
  • Ergebnisse
  • Thesen
  • Bibliographie
  • Quellen im Internet

I. Übersicht

[...]

II. Problematisierung

Mit Jahresende 1991 wurde die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Geschichte, ein Staatsgebilde ging unter, das seit der Oktoberrevolution 1917 bzw. seit seiner offiziellen Gründung im Jahre 1922 nach außen die Weltpolitik entscheidend mitbestimmte und nach innen die Gesellschaftsordnung stark formte und änderte.

Die drei baltischen Staaten wiedererlangten ihrem Selbstverständnis zufolge die volle Unabhängigkeit, die sie nach der Annexion durch Stalin im Jahre 1941 verloren hatten. Außer der Russländischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) (s. Schweisfurth S. 173) erklärten alle anderen Republiken der UdSSR im Rahmen des sogenannten Augustputsches von 1991 explizit ihre Unabhängigkeit vom sowjetischen „Staatenverband“ und schlossen sich lose in einer „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ zusammen.

Die Frage, die in diesem Referat aufgeworfen werden soll, ist, inwieweit die heutige „Russländische Föderation“ (RF) als Nachfolger der Sowjetunion angesehen werden kann und auf welche Weise sich Russland selbst als Nachfoger beziehungsweise als neuen Staat betrachtet. Ist die Russländische Föderation als völkerrechtliches Objekt identisch mit der UdSSR?

Hierzu muss zunächst der Verlauf der damaligen Ereignisse im einzelnen beschrieben werden. Das Verhalten der sich zu unabhängigen Staaten erklärten ehemaligen Sowjetrepubliken zueinander und zur sich damals im Auflösungsprozess befindlichen Sowjetunion spielt hierbei eine herausragende Rolle. Deren subjektive Ansicht der Ereignisse fließen in eine Erklärung des heute anzutreffenden Staatsverständnisses der RF ebenso mit ein, wie die objektive Sicht der Dinge von Drittstaaten und internationalen Organisationen.

Bei der Feststellung der Staatennachfolge musste bzw. muss von den Nachfolgestaaten geklärt werden, inwiefern die Staaten sich an durch die Sowjetunion geschlossenen internationalen Verträge gebunden fühlen, wie mit den Auslandsschulden und dem in- und ausländischem Staatsvermögen verfahren wird, wem die Streitkräfte unterstellt werden. In all diesen Fragen kommt betroffenen Drittstaaten eine nicht unerhebliche Mitsprache zu (s. Buergenthal S.15). Auch Grenzfragen zwischen den neuen unabhängigen Staaten und mit Drittländern bekamen neue Aktualität. Darüberhinaus mussten Regelungen über die Staatsangehörigkeit getroffen werden. Die gefunden Übereinkünfte und noch zu regelnden Bereiche sollen in diesem Aufsatz beschrieben und in Bezug zur Frage der Kontinuität / Diskontinuität zwischen der UdSSR und der RF gestellt werden.

Die Frage nach der Rechtsnachfolge von Staaten auf völkerrechtlicher Ebene wurde international nie hinreichend geklärt, was in der Praxis zur Folge hat, das sie besonders seit dem Zerfall vieler ehemals sozialistischer Staaten Ost- und Mitteleuropas, so auch im Falle des „Untergangs“ der Sowjetunion, von Völkerrechtlern heiß diskutiert wird. Die verschiedenen Positionen aufzuzeigen soll ebenfalls Aufgabe dieser Schrift sein, was eine Erklärung der Begrifflichkeiten des Völkerrechts im Bezug auf Staatennachfolge beinhalten muss.

Ein wichtiger Aspekt ist die Frage nach dem Selbstverständnis der RF. In der russländischen Bevölkerung, unter Politikern, Militärs, im wirtschaftlichen Leben und in der Diplomatie sind verschiedenste Sichtweisen auf die Problematik zu finden, die sich auf das subjektive Staatsverständnis niederschlagen und das innen- und außenpolitische Handeln des Staates bestimmen. Dieses Handeln, das vornehmlich der russischen Regierung zuzuordnen ist, gilt es zu analysieren, da man hieraus Rückschlüsse auf das russische Verständnis bezüglich der eigenen Nachfolgeschaft zur Sowjetunion ziehen kann.

Begriffsdefinitionen

Auf dem Wege nach der Frage, wie und inwiefern die Sowjetunion sich auflöste, wird man unweigerlich auf zwei Begriffe stoßen: „Sezession“ und „Dismembration“.

Bei einer Sezession bzw. einer Separation entsteht auf einem Teil eines Staatsterritoriums ein neuer Staat, während der alte Staat auf kleinerem Gebiet fortbesteht (Buergenthal). Ein Staat spaltet sich also von einem anderen ab, ohne die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten von dem Staat zu übernehmen, von dem man sich losgesagt hat.

Im Falle einer Dismembration zerfällt ein Staat in zwei oder mehrere Staaten, ohne weiter zu existieren, alle Neustaaten sind als „Nachfolgestaaten“ anzusehen (ebd. u. Schweisfurth, s. S. 164).

Im Völkerrecht wird die Rechtsnachfolge eines Staates, also die „Staatensukzession“ im engeren Sinne, als ein Vorgang beschrieben, in dem ein Staat in die Rechtsstellung eines anderen eintritt (nach: Fastenrath, Ulrich: Das Recht der Staatensukzession), es handele sich also, wie Schoenborn es formulierte, „um die Nachfolge eines Staates in Rechte und Pflichten eines anderen Staates als Folge der Erstreckung seiner (vollen oder oberherrlichen) Staatsgewalt auf Gebiete, welche bisher der Staatsgewalt eines anderen Staates unterstellt waren.“(in: Stier-Solmo(Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd. II/2, 1913; zit. nach: Ipsen, Knut: Völkerrecht, S. 307). In der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen wird der Begriff als ein „[...] replacement of one state by another in the responsibility for the international relations of territory [...]“ beschrieben (ebd.).

Verlauf der Ereignisse

Am 8. Dezember 1991 unterzeichneten bei Minsk die sich mittlerweile zu von der Sowjetunion unabhängigen Staaten erklärten Republiken der Ukraine, Weißrusslands und Russlands ein „Abkommen über die Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (GUS; russ.: Sodružestvo Nezavisimych Gosudarstv / SNG). In der Präambel des GUS-Gründungsabkommens heißt es, dass „die UdSSR als Völkerrechtssubjekt und als geopolitische Realität ihre Existenz beendet“ habe (nach: Schweisfurth: S. 58). Auf der GUS-Konferenz in der damaligen kasachischen Hauptstadt Alma-Ata einige Tage später hieß es in einer Deklaration von elf Nachfolgestaaten (8 weitere Staaten wurden mittlerweile über das Protokoll als „Gründungsmitglieder“ in die Gemeinschaft aufgenommen), dass „mit der Schaffung der Gemeinschaft unabhängiger Staaten [...] die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ihre Existenz beendet“ habe. Am 22.12.1991 verständigte man sich mit dem Staatspräsidenten der UdSSR, Gorbač'ov, den nunmehr zum Torso gewordenen Sowjetstaat endgültig aufzulösen.

Nun hatten bereits sämtliche Sowjetrepubliken außer die RSFSR im Rahmen des Augustputsches von 1991 explizit ihre Unabhängigkeit vom Zentralstaat erklärt, der völkerrechtliche Umgang mit der Konkursmasse Sowjetunion war jedoch noch nicht geklärt worden. Die neugegründete „Russländische Föderation“ (Rossijskaja Federatsija / RF) übernahm kurzerhand die Pflichten gegenüber der übrigen Welt. So hieß es in der „Zirkularnote“ des Außenministeriums der RF am 13. Januar 1992, die allen diplomatischen Vertretungen in Moskau zugestellt wurde, dass die Russländische Föderation ihrerseits alle Rechte und Pflichten, die durch die Sowjetregierung geschlossenen Verträge entstanden, übernehmen werde.( „[...] Die Russische Föderation setzt die Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten aus den von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geschlossenen Verträge fort.

Demzufolge wird die Regierung der Russischen Föderation anstelle der Regierung der UdSSR die Funktion des Verwahrers für die entsprechenden mehrseitigen Verträge wahrnehmen. [...]“ (nach Schweisfurt, S 65)

Dieser Schritt erfolgte einseitig und ohne Rücksprache mit den anderen Staaten der GUS. So wurde dann auf dem GUS-Treffen am 20. März 1992 in Kiew per Beschluß klargestellt, „dass alle Teilnehmerstaaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Rechtsnachfolger in die Rechte und Pflichten der ehemaligen UdSSR sind“. (ebd.)

Dismembration oder Sezession?

[...]

Russlands Selbsverständnis

[...]

Die Staatensukzession völkerrechtlich betrachtet

[...]

Ergebnisse

[...]

Thesen

[...]

Bibliographie

  • Bremmer, Ian (edit.): Nation and Politics in the Soviet Successor States. Cambridge 1993
  • Buergenthal, Thomas u.a.: Grundzüge des Völkerrechts. Heidelberg 2000
  • Bühler, K. G.: State Succession and Membership in International Organisations. The Hague u.a. 2001
  • Bundeszentrale für Politische Bildung [Hrsg.]: Gemeinschaft unabhängiger Staaten; Ausg 249 / 4. Quartal 1995. Bonn
  • Dörr, Oliver: Die Inkorporation als Tatbestand der Staatensukzession. In: Schriften zum Völkerrecht. Berlin 1995
  • Dunlop, John: Russia confronting a loss of empire. In: Nation and Politics in the Soviet Successor States. Edited by Bremmer, Ian and Taras, Ray. Cambridge 1993
  • Fastenrath, U.: Das Recht der Staatensukzession. Heidelberg 1996
  • Fiedler, Wilfried: Das Kontinuitätsproblem im Völkerrecht. München 1978
  • Hiller, Marlene P.; Eichwede, Wolfgang [Hrsg.]: Rußland - Fragmente einer postsowjetischen Kultur; In: Veröffentlichungen zur Kultur und Gesellschaft im östlichen Europa, Bd. 3. Bremen 1996
  • Ipsen, Knut: Völkerrecht. München 1999
  • Klabbers, Jan (edit.): State Practice Regarding State Succession and Issues of Recognition. The Hague u.a. 1999
  • Kreuzer, Christine: Staatsangehörigkeit und Staatensukzession. In: Schriften zum Völkerrecht. Berlin 1998
  • Melvin, Neil: Russians Beyond Russia; The Politics of National Identity. London 1995
  • Reinisch, August u.a.: Staatensukzession und die Schuldenübernahme beim "Zerfall" der Sowjetunion. Wien 1995
  • Schweisfurth, Theodor: Das Recht der Staatensukzession; Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Band 35. Heidelberg 1995
  • Silagi, Michael: Staatsuntergang und Staatennachfolge. Frankfurt a. M. 1996
  • Simon, Gerhard und Nadja: Verfall und Untergang des sowjetischen Imperiums. München 1993
  • Stadelbauer, Jörg: Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion; Großraum zwischen Dauer und Wandel. In: Wissenschaftliche Länderkunden, Bd. 41. Darmstadt 1996
  • Szporluk, Roman (edit.): National Identity and Ethnicity in Russia and the New States of Eurasia; The International Politics of Eurasia, Vol. 2. New York u.a. 1994
  • Willershausen, Claudia: Zerfall der Sowjetunion. Hamburg 2002

Quellen im Internet

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